Im Foyer: Etwas Poesie zur Begrüßung


Regentag

Die Stadt trägt Wasserschnüre
Nasse Grautöne
Und zielloses Rauschen

Eine Horde bunter Schirme
Wälzt sich durch den Verkehr
Vor den Eingängen
Klappen sie entkräftet zusammen

Alte Damen trippeln eingehakt
Auf den Gehsteigen
Wie auf winzigen Inseln
Wo sonst alles fließt

Wenn feine Schuhspitzen
Auf eine Pfütze treffen
Wellt sich das bunte Bild

Und ist Wirklichkeit.


Herbststimmung


Der Laubwald, der in Flammen stand,
ist schnell verloschen
und drückt die Blätterhand
in Humus, deckt die bunten Broschen

der frechen Pilze lustlos ein.
Der Teich starrt grau wie blinde Scheiben
Auf denen Wolken treiben-
Es sollten doch Libellen sein!



Rinnsal Lange Reihe

Ein bisschen Pisse, hier
Ein Bröckchen Rotz -
Der Schaum kommt wohl vom Bier.
Da liegt ja noch
Die Flasche auf dem Bürgersteig
In ihrer Pfütze…
Viele Tränen
Und Regen, schon seit zehn,
der leise, traurige -
kein heftiges Geström, nee.
Ne Packung Zigaretten. Leer
Und aufgeweicht.
Da gurgelt alles dran vorbei.
´N Stein. ´N Tempotaschentuch.
Dramatisch bleich
In der vergilbten Flut.
Und Fetzen - von Papier. Die halten sich,
scheint´s, aneinander fest…
Da vorne liegt die Platte,
Löcher drin; darunter rauscht´s.
Die Strömung zieht da hin.
Was nicht da durch passt, das
Bleibt liegen, oder so.
Im Angesicht des Herrn
Der Müllabfuhr -
Doch gerade vor dem gluckernden
Versinken sieht man
Im brackigen Gerinnsel etwas blinken-
Und glaubt, es wär´ ein Stern.




Unterschied

Wäre ich Mann, sicher
Trügen inzwischen - dreißig bin ich-
Drei Frauen meine Kinder aus
Und meine Werke mir hinterher

Betreuten die Telefone
Verstreuten sanftmütige Ordnung
Klopften mir die Asche vom Anzug
Und hielten mich wichtig
Mit ihrer unzweifelnden Liebe.

Da ich Frau bin, trage ich selbst
Meine Kinder aus, von Männern,
die nicht lieben können aus Angst
vor meiner geistplatzenden Stirn
und meinem küchenmesserscharfen Mund.
Meine Ordnung entbehrt der Sanftmut
Die Asche an meinen Kleidern
Haftet.
Ein Bezirk meiner selbst ist immer leer
Und Falten wachsen mir allein.

Und dafür, eine Frau zu sein
Und trotzdem, wie ich will
Bezahle ich immer noch täglich:
Zu tun, was
Getan werden muss, weniger
Was ich kann, und kaum,
was ich könnte.





Kommentare

  1. Toll. Rinnsal lange Reihe gefällt mir.
    Und Unterschied gibt viel Preis. Vielen Dank dafür <3

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  2. Erst der Unterschied macht das Ganze rund. Hier ist so viel von dir, dass ich später werde nachschauen müssen, ob ich blaue Flecken davongetragen habe.

    Vor den nächsten Gedichten werde ich mich zu panzern versuchen und den Schieber unterhalb des Kopfes einrasten lassen.

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